Typische Fehler in Webtexten

Die ersten Wochen nach meinem Urlaub sind verstrichen und zum Glück waren die Auftragsbücher gut gefüllt. Während ich recherchierte und formulierte, überarbeitete und verwarf, fielen mir wiederholt einige Denk- und Merkwürdigkeiten auf, die ich als „typische Fehler in Webtexten“ notierte.

Einige davon habe ich für diesen Beitrag zusammengestellt und kommentiert. Doch ist mir folgende Bemerkung wichtig: Ich sammle und interpretiere solche Fehler nicht, um mich über andere lustig zu machen. Ich hasse solche herablassenden Bezeichnungen wie „Deppenapostroph“ und bin auch kein Sprachpurist. Also bitte, nimm solche Sammlungen als Anregung, ungünstige, missverständliche oder ungewollt komische Formulierungen in den eigenen Texten aufzuspüren und nicht als Vorschrift von der Sprachpolizei!

Schon klar? Los geht’s!

 

Fasse Dich kurz, aber verkürze nicht Deine Aussage!

In den meisten Ratgebern zum Texten fürs Web findet sich der Hinweis auf die gebotene Kürze und Prägnanz von Sätzen und Slogans. In Deinem persönlichen Blog kannst Du es natürlich halten wie die Räuber, ich haue auch gern mal einen 3000er raus. Auf einer Verkaufswebsite musst Du dagegen ein wenig haushalten. Deine Besucher sind selten zum Lesen gekommen, sie wollen shoppen.

Dass sich hinter der Forderung nach gebotener Kürze eine der schwierigsten Übungen verbirgt, verrät ein Blick auf folgende Aussagen:

„Wir haben bereits zahlreiche Kunden entwickelt und umgesetzt.“

„Für den Ausbau unserer Abteilung und unserer Kunden suchen wir Sie.“

Dabei sind es natürlich nicht die Kunden, die entwickelt und umgesetzt werden sollen, sondern deren Wünsche oder Projekte. Und auch einem weiteren Ausbau würden Kunden eher nicht zustimmen, auch wenn sie es positiv zur Kenntnis nehmen, dass ein Unternehmen wächst.

Wer versucht, alles in einem Satz zu sagen, bringt oft Stilblüten hervor, die in der Rhetorik als Zeugma oder Syllepse bezeichnet werden. Ein Meister der Verknappung war Heinz Erhardt, der sich mit den Worten vorstellte: „Ich heiße nicht nur Heinz Erhardt, sondern Sie auch herzlich willkommen.“ Das ist komisch, in den genannten Beispielen oben aber nicht beabsichtigt. Daher mein Tipp: Gib acht, dass sich in Aufzählungen oder Reihungen tatsächlich alles korrekt aufeinander beziehen lässt.

 

Kleine Wörter von großer Fehleranfälligkeit: Präpositionen

Ohne Präpositionen (an, auf, mit, bei, über …) würden wir uns in Zeit und Raum kaum zurechtfinden. Ärgerlich nur, dass die kleinen Wörter, die so einfach daherkommen, in jeder Sprache ihre eigene Logik entwickelt haben, wie sie verwendet werden wollen. Und die ist nur schwer zu begreifen. Dass sich etwas auf, neben oder unter dem Tisch befindet, ist ja noch verständlich. Was aber bedeutet es, wenn wir um oder gegen 09:00 Uhr eintreffen werden?

Auch im Zusammenhang mit Präpositionen fallen mir im Netz immer wieder typische Formulierungen auf, die „eigentlich“ nicht ganz richtig, sehr umständlich oder aber missverständlich sind. Dazu gehört beispielsweise:

„Für die Beschaffung von Krediten ist der Nachweis eines Systems für Kreditunternehmen ein wichtiger Faktor bei der Genehmigung und für die Bestimmung der Höhe der Zinsen.“

In diesem Beispiel handelt es sich um einen typischen Nominalstil. Dem Verfasser ist es schlichtweg egal, wie sein Satz klingt, er möchte einzig Informationen „transportieren“. Verwirrend ist daran, dass die Präposition „für“ gleich dreimal verwendet wird, und zwar in verschiedenen Bedeutungen. Mal gibt sie einen Zweck an, mal definiert sie einen Adressaten.

Die Präpositionen werden hier wie Fugenkleber verwendet, die den Laden zusammenhalten. Dabei hätte man das Ganze schon noch ein wenig zurechtruckeln können, beispielsweise so:

Für Kreditunternehmen ist der Nachweis eines Systems (durch den Kreditnehmer) wichtig. Es beeinflusst die Genehmigung und die Bestimmung der Zinshöhe von Krediten.

 

Butter bei die Fische

Stets neu ins Sinnieren bringt mich auch die Verwendung der Präposition „bei“. Vielleicht täusche ich mich, aber ich habe den Eindruck, dass „bei“ mittlerweile inflationär verwendet und überall eingefügt wird, wo man sich nicht ganz sicher ist, was man eigentlich sagen will. Im oben erwähnten Beispiel jedoch steht „bei“ an genau der Stelle, an der sonst ein viertes „für“ hätte erscheinen müssen. So gesehen, die bessere Lösung.

Anders verhält es sich in Sätzen wie dem folgenden:

Wir unterstützen Sie bei allen Fragen rund um unsere Produkte.

Hier erzeugt die Kombination eines schlecht gewählten Verbs mit der Präposition „bei“ den leicht schrägen Eindruck. Klar, ich kann jemanden darin unterstützen, Fragen und Lösungen zu entwickeln oder zu finden. Zur Not helfe ich auch bei der Formulierung von Fragen. Aber „bei Fragen“ unterstützen kann ich nicht, oder? Es sei denn, ich gebe, wie man hier im Norden sagt, ordentlich „Butter bei die Fische“.

 

Auch Nebensachen vermitteln Dein Hauptanliegen

Als Verkürzung von Satzaussagen wird häufig die Präposition „neben“ genutzt, und zwar in folgender Formulierung:

Neben der Verwendung von Präposition helfen wir Ihnen auch bei anderen Fragen und Anliegen.

Diese Formulierung ist ein Beispiel für einen äußerst sparsamen Wortgebrauch, gleichzeitig aber totaler Murks. Drehen wir den Satz einmal um, wird dies deutlicher: Wir helfen Ihnen auch bei anderen Fragen und Anliegen neben der Verwendung von Präpositionen.

Neben Hosen bieten wir auch Kleider und Taschen an. Neben der Verwendung von Präpositionen interessiert uns die Korrektur von Tippfehlern. So wäre es richtig. Denn hier werden alle Elemente mit einem passenden Verb verbunden.

 

Für wo ist das gut? Fragen richtig formulieren

Wozu oder zu was das jetzt gut ist? Bleibe bitte beim ersten Fragewort! Denn mit Adverbien, die aus dem Fragewort „wo“ und einer Präposition zusammengesetzt sind, fragst Du nach Dingen oder Ereignissen. Nur, wenn Du nach Personen fragst, löst du die beiden Komponenten voneinander und veränderst sie:

Für wen ist das Paket? An wen denkst du?

Wofür ist das Paketband? Woran denkst du?

„Für was“ wird zwar häufig verwendet und vom Duden auch gebilligt. Es tritt aus der Logik dieses Systems dennoch heraus.

 

Alles erlaubt? Triff eine Entscheidung und bleibe dabei!

„Bei uns lernen Sie die wichtigsten Methoden kennen und anzuwenden.“

Noch so ein Satz, der Erbsenzähler nervös macht. Schon der Superlativ (die wichtigsten) bringt mich ins Grübeln. Die wichtigsten Methoden – das klingt in meinen Ohren wie eine Beschränkung. Warum also nicht beim Komparativ bleiben und wichtige Methoden unterrichten?

Sodann wird das Verb „lernen“ einmal mit „kennen“ und einmal mit „anzuwenden“ verbunden. Menschen meines Jahrgangs haben gelernt, dass „lernen“ keinen Infinitiv mit zu erfordert:

Wir lernen sehen, interpretieren, sprechen, schreiben, kennen und anwenden.

Jüngere Leute verwenden hier aber oft den Infinitiv mit zu, insbesondere, wenn es sich um einen erweiterten Infinitiv handelt:

Wir lernen etwas zu sehen, zu interpretieren, zu schreiben.

Beide Formen gelten heute als richtig bzw. werden auf die genannte Art verwendet. Kennenlernen ist eine Ausnahme. Wir lernen etwas nicht “zu kennen”. Deshalb wird „kennenlernen“ übrigens zu Recht auch weiterhin zusammengeschrieben.

So oder so,  in einem Satz sollte man sich nach Möglichkeit entscheiden, ob nun ein Infinitiv mit oder ohne „zu“ folgen soll.

„Bei uns lernen Sie die wichtigsten Methoden kennen und anwenden.“

 

Und das gilt generell für alle Begriffe und Regeln, wenn mehrere Varianten möglich und richtig sind. Ob Du „Potenzial“ oder „Potential“ schreibst, „sodass“ oder „so dass“, „du“ oder „Du“ – wer sollte es Dir verbieten? Ein entspannteres Lesen ermöglichst Du Deiner Zielgruppe aber in jedem Fall, wenn Du Dich für eine Schreibweise entscheidest. (Sagt bezeichnenderweise eine, die sich zwischen „du“ und „Du“ nie entscheiden kann ?.)

 

Punkt, Punkt, Komma, Strich …

Wer viel mit Grafikern und Webdesignern arbeitet, lernt, dass diese eine Schwäche für bestimmte Satzzeichen haben. Jede Headline wollen sie gern mit einem Punkt schließen. Aufzählungen? Bloß keine Semikolons (Strichpunkte), das wirkt viel zu unruhig und chaotisch, mach lieber einen Punkt hinter jede Zeile!

Was sucht der Punkt in der Headline?

Nun lernt jedes Kind in der Grundschule, dass eine Überschrift keinen Punkt bekommt. Is‘ halt so. Kann man nichts machen. Aber wer  mit Grafikern und Designern arbeitet, der akzeptiert eben auch andere Sichtweisen. Ich akzeptiere und setze daher mittlerweile Punkte, die ich früher zum Teufel gejagt hätte. Einfach, weil es besser aussieht. Weil es Harmonie ins Schriftbild bringt. Aber in sich stimmig und begründbar muss das Ganze schon sein. Also brich die Konvention nicht, weil Du ein störrischer Esel bist, sondern weil Du Dir ein wenig Eigensinn für Dich und Deine Texte bewahrt hast.

 

Ein & ist ein & und kein und!

Weniger tolerant bin ich gegenüber der Verwendung des Et-Zeichens (&), wie es üblicherweise in Firmennamen auftaucht. Auch hierfür haben Grafiker zumeist eine Schwäche, schließlich spart es auch noch Buchstaben und lässt daher mehr Platz für die Gestaltung.

Werbeagenturen schätzen an dem Zeichen, dass es eine Nähe zwischen zwei oder mehr Begriffen herstellt, die inhaltlich nicht unbedingt gegeben oder logisch erscheinen muss. Wenn man also unbedingt Micky & Maus heißen möchte, geht dies noch durch. Aber ein völlig normal verbindendes „und“ durch ein „&“ zu ersetzen, zeigt eigentlich nur, dass man den Sinn dieses Zeichens nicht verstanden hat.

 

Richtig gendern

Zu guter Letzt wenden wir uns noch dem sogenannten Gendern zu. Wie Du an meinen Texten feststellen wirst, bin ich da eher zurückhaltend. Bei Auftragstexten dagegen entscheidet der Kunde oder die Kundin. Im Web kursieren alle Arten von Schreibweisen, die die weibliche Form in die männliche integrieren, oder wie immer man das bezeichnen soll. Nebeneinander erscheinen:

Teilnehmer/-innen, Teilnehmer/innen, Teilnehmer_innen, TeilnehmerInnen, Teilnehmer(inne)n.

Der Duden gibt hierzu an, dass die Formen Teilnehmer/-innen und Teilnehmer(innen) mit den Rechtschreibregeln übereinstimmen. Ich tendiere dagegen zur ersten Form, lasse den Bindestrich aber weg. Sieht einfach besser aus und fügt sich harmonischer ein. Gespannt bin ich jetzt nur, wie diese Form sich verändern wird, wenn wir offiziell ein drittes Geschlecht bekommen.

 

Die oder das Klientel mittelständiger oder mittelständischer Unternehmen?

Im Deutschen gibt es eine Reihe von Substantiven, die mit unterschiedlichen Artikeln gebraucht werden. So ist ein Blog für die einen maskulin (der Blog), für die anderen sächlich (das Blog). Manchmal werden Substantive jedoch auch deutlich häufiger mit einem – der Konvention zufolge – falschen Artikel belegt. So finden sich im Netz haufenweise Aussagen über “das Klientel”. Richtig ist jedoch, dass es “die Klientel” heißt.

Ich vermute, dass der Grund für die Wahl des Artikels “das” in einer falschen Analogiebildung liegt. Denn nominalisierte Verben, die auf -el auslauten, erhalten in der Regel den sächlichen Artikel (das Geklingel, das Geheule, das Gemetzel …). All diese Verben werden aber mit der Vorsilbe Ge- gebildet, was im Falle der “Klientel” nicht gegeben ist.

Bleibt die Frage, ob die Klientel zu einem mittelständischen oder einem mittelständigen Unternehmen gehört. Die Antwort lautet: zu einem mittelständischen. Denn das Adjektiv “mittelständig” stammt aus der Botanik, wogegen alles, was mittelständisch ist, den Mittelstand betrifft.

 

 

 

 

 

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